Aufruf zur Vertuschung: Küng liefert eine Erklärung
2010/04/26
In der AZ vom 26.04.10 erschien der redigierte Text (mit dem Ziel, ihn stark zu ku00fcrzen) in nachstehender Fassung: u00a0
Hans Ku00fcng hat die Bischu00f6fe aufgefordert, dem Papst nicht mehr zu folgen. Gehorsam sei nur Gott allein geschuldet. Deshalb du00fcrften sie sich durch ihren Eid nicht gehindert sehen, gegen den Willen des Papstes die Wahrheit zu sagen u2013 u00fcber die krisenhaften Entwicklungen der Kirche und auch u00fcber die himmelschreienden Skandale.
Von 1962-65 waren Ku00fcng und Joseph Ratzinger die beiden ju00fcngsten Konzilstheologen, sie waren befreundet und vertraten hinsichtlich der nu00f6tigen Reformen dieselben Ansichten. Sie waren als Kollegen an der Universitu00e4t Tu00fcbingen, bis ihr gemeinsamer Weg sich trennte: Der eine blieb als Ku00e4mpfer fu00fcr Religionsfrieden und Weltu00f6kumene dieser Linie treu, wu00e4hrend sich der andere in Rom etablierte. Als Pru00e4fekt der ru00f6mischen Glaubenskongregation (1981-2005) gab Ratzinger dem vermeintlichen Freund schlieu00dflich einen Dolchstou00df, indem er ihm das kirchliche Lehramt entzog.
Hans Ku00fcng hat sich nun mit einem offenen Brief an die Bischu00f6fe gewandt, um ihnen vor Augen zu fu00fchren, dass der Papst die Konzilstexte gegen den Geist der Konzilsvu00e4ter nach ru00fcckwu00e4rts interpretiert. Die Auftritte des Papstes, seine Reisen und Dokumente vermochten die Auffassung der meisten Katholiken in kontroversen Fragen nicht zu veru00e4ndern. Ungezu00e4hlte Menschen haben das Vertrauen in die Kirche verloren.
Hans Ku00fcng verweist in seinem offenen Brief an die Bischu00f6fe auch darauf, dass das u201cweltweit in Kraft gesetzte Vertuschungssystem von klerikalen Sexualvergehenu201c von der ru00f6mischen Glaubenskongregation Kardinal Ratzingers gesteuert worden sein soll. Vor neun Jahren habe Ratzinger laut Ku00fcng ein Schreiben zur Geheimhaltung u00fcber die schweren Vergehen an alle Bischu00f6fe unter Androhung von Kirchenstrafen bei Nichtbefolgung dieser Vertuschuchsanweisung gesandt. Dies ku00f6nnte eine Erklu00e4rung dafu00fcr sein, dass manche Bischu00f6fe sich in Zuru00fcckhaltung bei Gewalt und sexuellen Vergehen innerhalb ihrer Diu00f6zese geu00fcbt haben, ein Verhalten, gegen das die Staatsanwaltschaft ku00fcrzlich mit Erfolg gegensteuern konnte. Auch dem Aachener Bischof ist der Vorwurf der Vertuschung wohl nicht erspart geblieben.